Sie waren noch nicht ganz von der Straße, da hatte Deutschland, da hatte vor allem das politische Berlin der Rechtspopulisten ein neues Lieblingsthema gefunden. Die Innenministerin forderte ein "hartes Einschreiten des Staates" und kündigte unverhohlen an, selbst "hart gegen Terrorpropaganda vorgehen" zu wollen. Der Bundeskanzler griff zur allerschärfsten Waffe: Er werde "Konsequenzen" prüfen, sagte Olaf Scholz und er fand offene Ohren überall. Nicht einmal die Taz widersprach. Nein, stattdessen griff das ehemalige Zentralorgan der Willkommenskultur zum Nazivergleich.
Unversehens waren die mehr als tausend Menschen, die mit ihrem islamistischen Aufmarsch in Hamburg nur von Artikel 8 Grundgesetz Gebrauch gemacht hatten, der alle Deutschen das Recht gibt, "sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln", Feinde von allem, was dem Rest der Gesellschaft so viel wert ist. Ein paar Meter im Kreis Gleichgesinnter reichten, um Menschen, die in anderen Zusammenhängen als "gebürtige Deutsche", "Hamburger" oder "Deutsch-Syrer" bezeichnet würde, auszugrenzen und zur Zielscheibe von gezielt geschürtem Volkszorn zu machen.
Erlaubte krude Thesen
Wer für ein Himmelreich auf Erden eintritt, darf das tun. Wer sich
ein Königreich der Herzen wünscht, ein sozialistisches Paradies, die Rückkehr zur Planwirtschaft, eine Degrowth-Gesellschaft, eine Enteignung aller Millionäre, regelmäßige Geschlechterwechsel, legale Abtreibungen oder deren verbot, Mindestlohn für alle, die Begrenzung des Privatbesitzes auf das, was jeder tragen kann, oder eine Pflicht zum regelmäßigen Haarschnitt, war bisher goldrichtig in Deutschland. Weil die Meinungsfreiheit für die Demokratie
"schlechthin konstituierend", wie das Bundesverfassungsgericht immer wieder bestätigt hat, hängt der von Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz gewährte Schutz "nicht davon ab, inwieweit Meinungen einen mehr oder weniger positiven Nutzen für die Demokratie haben".
Populisten gegen das Grundgesetz
Eine Seite der Verfassungsordnung, gegen die Populisten nun überall plötzlich mobil machen. "Wem ein Kalifat lieber sein sollte als der Staat des Grundgesetzes, dem
steht es frei auszuwandern", hat Justizminister Marco Buschmann geschrieben, denn "Wir leben in Deutschland in einem Rechtsstaat. Wer hier das Kalifat
ausrufen will, gehört nicht zu unserem Land.
Hier in Deutschland gilt das Grundgesetz!" Auch die Bundesinnenministerin schlägt in dieselbe Kerbe:
"Wer ein Kalifat will, ist in Deutschland an der falschen Adresse", droht sie den Demonstranten mit dem üblichen "harten Vorgehen".
Die
Frankfurter Rundschau flankiert die Drohung mit einer populistischen Volte: Allein "die Losung ,Kalifat ist die Losung' richtet
sich gegen das Grundgesetz, sie gibt streng religiöse Regeln einer
Minderheit in einer christlich geprägten Mehrheitsgesellschaft vor, deren Verfassung in Weltanschauungsfragen neutral ist". Das erfordere "eine massive Reaktion des Staates", etwa durch "die Ausweisung von Demonstranten, die nicht
über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen".
Wie im Geheimplan
Die Frankfurter Rundschau versteigt sich am Ende sogar zur Forderung, dass eine
"Aufenthaltsgenehmigung lediglich haben dürfen sollte, wer sich zu den Werten des
Grundgesetzes bekennt" - eine vom
EuGH längst zurückgewiesene Forderung, die direkt an den Vorstellungen anknüpft, die als zentraler Teil des
"Geheimplans gegen Deutschland" zuletzt und zurecht für so viel Empörung gesorgt hatten.