Manche Sachen scheinen sich einfach immer wieder zu wiederholen und diesem Phänomen bin ich auch hier in Japan gnadenlos ausgeliefert. Wie ich wohl schon so einige Male hier geschrieben habe, zieht es mich bei meinen Touren durch das Land immer wieder zu ganz bestimmten Orten, bei denen ich zumindest anhalten und einen kurzen Blick wagen muss. Insbesondere sind es Schreine und Tempel, von denen ich im Laufe der Zeit nun wohl schon so einige gesehen haben muss. Nicht nur beim Reisen, auch bei meinen alltäglichen Fahrten zur Arbeit und zurück, kommt es immer wieder vor, dass ich ganz unverhofft und ungeplant stoppe, um mir ein weiteres Objekt meiner Neugier ein wenig genauer anzusehen.
Meist sind es Schreine von denen es in unserer Region eine ganze Menge gibt. Schreine in Jahren gehören zum Shintoismus, einer ureigenen japanischen Religion, deren Götter vor allem in der Natur zu finden sind. Oft sind es ziemlich markante Orte, an denen man Schreine findet, wie zum Beispiel neben majestätischen Bäumen, auch auch neben Felsen und in den Bergen. Die Schreine beherbergen meist einen Kami, eine Gottheit, welcher die Menschen hier ihre Aufwartung machen und dem sie hier ihren Respekt zollen.
Viele Schreine aber auch Tempel üben dabei eine ganz besondere Anziehungskraft aus, welcher auch ich mich nur schwer entziehen kann. Obwohl ich mich selber nicht als religiösen Menschen bezeichne, finde ich doch diese so ganz spezielle, oft etwas mystische Stimmung, die von diesen Orten ausgeht, äußerst interessant und anziehend. Und dabei muss es dann nicht der große Schrein sein, der landweit bekannt ist und an den es täglich Scharen von Besuchern zieht. Ganz im Gegenteil, ich stoppe sehr gerne bei den kleinen lokalen Schreinen, bei denen normalerweise nur die Bewohner der jeweiligen Ortschaft vorbeischauen. Den Grund kann ich auch nicht genau sagen. Vielleicht kann man dort die ja Verbindung zwischen den Menschen des Landes und den Kami am besten spüren, oder es ist einfach aus ästhetischer und architektonischer Neugier oder eine Mischung aus all dem.
Aber was es auch immer sein mag, dieses Gefühl hat mich mittlerweile schon einige Male ganz spontan in meinen Wegen gestoppt und ich habe es wohl nie bereut, mir ein wenig Zeit genommen zu haben, um mal wieder etwas genauer hinzusehen.
Und genau so war es an jenem Herbsttag, an dem ich nur schnell zur Arbeit wollte. Die Strecke war mir nicht neu und ich war hier schon oft entlang gefahren. Daher wusste ich auch von dem Schrein, der hier direkt neben der Straße liegt und an dem ich schon einige Male vorbeigekommen war. Aber auch wenn ich eigentlich gar keine Zeit hatte, spürte ich auf einmal den Drang, mein Auto anzuhalten. Diesmal wollte ich einfach die Chance nutzen, um zumindest eine ganz kleine Runde durch die Schreinanlage zu laufen, und zu schauen, was es hier wohl zu sehen gab.
Mein Auto hatte ich direkt neben der Straße abgestellt und den Warnblicker angelassen. Es gab hier eh keinen richtigen Parkplatz und ich wusste ja, dass ich in ein paar Minuten wieder zurück sein würde. Also lief ich beschwingt auf den Eingang zu, wo mich zwischen mehreren Bäumen das erste Toori erwartete, diese markanten Tor, das man in den Eingangsbereichen der meisten Schreine finden wird.
Dieses hier war aus Beton, aber kurz dahinter war schon ein weiteres Toori zu sehen, welches in der so auffälligen und typischen Farbe leuchtete, welche man nicht nur in Schreinen, sondern auch in vielen Tempeln finden wird. Zinnoberrot ist mittlerweile die Farbe, die ich am meisten mit Japan verbinde, und welcher ich immer wieder auf meinen Wegen hier im Land der aufgehenden Sonne begegne.
Vor dem zweiten roten Toori standen links und rechts je ein steinerndes Toro, welcher auch so typisch für Anlagen wie diese sind. Auch diese Laternen findet man nicht nur in Schreinen, aber auch in vielen Parks, und sie gehören zu den wichtiges Stilelemente der japanischen Gartenbaukultur.
Aber es war nicht nur Zinnoberrot, das hier leuchtete, der Herbst hatte noch andere Farben mitgebracht. For allem waren es ein paar Bäume, die sich ein gelbes Kleid angelegt hatten, und die hier wohl mit am auffälligsten waren.
Es handelte sich unter anderen um Gingkos, die zu dieser Zeit des Jahres so richtig zur Geltung kommen. Und auch wenn der Himmel sich an jenem Tag von seiner graueren und dunkleren Seite zeigte, konnte der Herbst hier noch einmal so richtig punkten. Genau solche Anblicke sind es, die mir auch an einem trüben Novembermorgen zeigen, wie herrlich doch unsere Welt sein kann.
In der Anlage befanden sich noch zwei Gebäude, wie dieser kleine Nebenschrein...
...und der Hauptschrein, welcher nur unwesentlich größer war. Wie bereits geschrieben, es handelte sich hier um einen eher kleinen lokalen Schrein, der von den Menschen der Nachbarschaft unterhalten wird.
Aber mehr hatte ich ja auch gar nicht erwartet und genau das war es wohl auch, was ich hier sehen wollte. Meine Neugier war befriedigt und ich freute mich einfach über darüber, mich hier einmal umgeschaut zu haben. Es war schön und stimmungsvoll, und ich war dankbar darüber, die Zeit für diesen kleinen Stopp gehabt zu haben.
Meine Schritte führten mich nun wieder heraus aus der Anlage und zurück zu meinem Auto. Der Tag war noch recht frisch und es gab eine ganze Menge zu tun, aber zuerst musste ich nun doch erst einmal auf Arbeit ankommen. Aber ich war voller guter Laune und sehr froh, mir hier ein wenig Inspiration geholt zu haben. Mit genau dieser Inspiration wollte ich nun den Tag, der noch vor mir lag nun angehen und ich war mir sicher, dass es ein guter werden würde. Und genau so war es dann auch gekommen...