Der Aufstieg der AFD in Deutschland - Eine Sicht von aussen

in deutsch •  2 months ago

    In meinen frühen Zwanzigern war mir Politik, ehrlich gesagt, noch ziemlich egal. Mit dem Älterwerden wächst jedoch das Bewusstsein, etwas verändern zu können – und auch zu wollen. Als Schweizer habe ich die Möglichkeit, an einem der wohl besten demokratischen Systeme der Welt mitwirken zu dürfen, und ich nutze diese auch regelmässig.

    Abstrakter Parteikampf - Generiert von ChatGPT

    Die CDU/CSU ist was!?

    Mit dem zunehmenden Rechtsruck unserer europäischen Nachbarn richtete ich meinen Blick nach Deutschland. Da ich in der komfortablen Position bin, einen deutschen Arbeitskollegen zu haben, nutzte ich die Gelegenheit und fragte ihn ganz naiv: „Wenn man in Deutschland konservativ wählen will, aber die Finger von der AfD lassen möchte, wen wählt man dann?“ Schulterzuckend antwortete er: „Na, die CDU/CSU“, bevor er sich wieder seinem Bildschirm zuwandte. Ich fiel aus allen Wolken und musste mich vergewissern, ob ich richtig gehört hatte. „Ja“, nickte er, „die CDU/CSU ist unsere grösste konservative Mitte-rechts-Partei.“ Irritiert schüttelte ich den Kopf: „Die CDU/CSU ist was!? ... Mitte-rechts?“

    In meiner Wahrnehmung, als jemand, der sich nie intensiv mit der deutschen Politiklandschaft beschäftigt hat, ist die CDU/CSU eine politisch linke Partei. Es war schliesslich Merkel, die seit 2015 Millionen von Asylbewerbern ins Land geholt hat. Ich fragte mich: „Wie passt das zusammen?“ Dass es innerhalb der CDU/CSU – vor allem aus der CSU – erheblichen Gegenwind gegen Merkel gab, habe ich als Ausländer nicht wirklich mitbekommen.

    Vertrauen verspielt?

    Zurück zur Frage: Wen soll man denn jetzt als konservativer deutscher Bürger aus der Mittelschicht wählen?
    Dass sich viele schwertun, die CDU/CSU zu wählen, überrascht mich nicht. In der Wahrnehmung vieler konservativer Wähler hat diese Partei sie in den letzten Jahren „verraten“.
    Unter Merkel hat die CDU viele Positionen übernommen, die klassisch sozialdemokratisch sind, was konservative Wähler als Identitätsverlust empfunden haben könnten. Aber was gibt es sonst für eine Mitte-rechts-Partei, die man wählen könnte? Eigentlich keine. Nur ganz weit rechts, am äussersten Rand, steht die AfD. Meiner persönlichen Meinung nach sollte man diese auf keinen Fall wählen. Aber leider – und das ist das Schlimme an der Situation – verstehe ich konservative Rechte in Deutschland, die das tun. Was bleibt ihnen denn anderes übrig?

    Die AfD verbieten?

    Mittlerweile wird ja sogar darüber diskutiert, ob die AfD verboten werden sollte. In der Tat gibt es mehr als genug Äusserungen von AfD-Parteivorständen, die mehr als ekelerregend sind. Für einige der Aussagen benötigt man nicht einmal einen Kontext, um diese einzuordnen, da kein Kontext diese in ein anständiges Licht rücken würde. Dennoch halte ich ein Verbot der AfD für problematisch. Solange sich eine Partei innerhalb der pluralistischen Ordnung bewegt, muss eine Demokratie diese aushalten können.

    Die rechtliche Grundlage für Parteiverbote in Deutschland ist Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes. Parteien können vom Bundesverfassungsgericht verboten werden, wenn sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung beeinträchtigen oder beseitigen wollen oder die Bundesrepublik Deutschland gefährden. Meiner Meinung nach sehe ich die AfD davon noch weit entfernt, auch wenn sie für viele – mich eingeschlossen – eine unbequeme und verachtenswerte Partei ist. Weiter könnte ein AfD-Verbot kontraproduktiv sein, da es den Eindruck von „Eliten gegen das Volk“ verstärken könnte.

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